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07.05

Waidhofen an der Ybbs | Premiere - Im Gasthaus zum braven Soldaten



Die Obfrau des Theatervereins Il Salottino Uschi Nocchieri brachte nun die dritte Eigenproduktion auf die Bühne. Hauptdarsteller Christoph Marcik und Sabine Halbwirth begeisterten das Premierenpublikum im bezaubernden Schlosskeller.

Inhalt

Nachdem sein Freund, der Wirt Palivec, noch immer im Gefängnis schmachtet, springt der brave Soldat ein. Schließlich war er ja früher oft genug im Gasthaus beim Palivec zu Gast, das muss doch reichen, um einen guten Wirt abzugeben. Na, schaumamal, dann werma‘s sehn. Und so ergreift der brave Soldat, der im zivilen Leben ein erfolgreicher Hundehändler ist, die Möglichkeit, vor immer neuem Publikum seine schier unglaublichen Geschichten zu erzählen. Unter anderem auch, dass er damals - also zur Zeit des ersten Weltkrieges - lieber „dumm“ als tot war. Denn seine amtlich immer wieder bestätigte geistige Beschränktheit hat ihm nicht nur mehrmals sein Leben gerettet, sondern auch hin und wieder Bequemlichkeiten eingebracht, von denen die anderen „gscheiten“ Soldaten nur träumen konnten. Solange sie konnten. Schwejk jedoch hat nicht nur dank seiner liebenswerten Einfältigkeit, sondern unbestritten auch dank seiner Bauernschläue die Gräuel dieser Zeit überlebt. Über diese, seine Geschichten, kann Schwejk selbst immer wieder herzhaft lachen - wäre da nicht Frau Navratil, pensionierte Lehrerin und Stammgästin des besagten Wirtshauses. Diese wartet dort nun schon seit Jahren vergeblich auf ihren Gatten - an dem Ort, an dem ebendieser vor seinem Einrücken möglicherweise mehr Zeit als bei ihr zu Hause verbracht hatte. Und Frau Navratil ist eine ernsthafte Person. Mit Geschichten und Fakten unterbricht sie gerne die amüsanten Erzählungen Schwejks. Doch die Liebe zu Hunden verbindet die beiden Protagonisten.

In Zeiten, wo Kriege leider scheinbar wieder zur Tagesordnung gehören, gelingt Uschi Nocchieri eine satirisch-pazifistische Auseinandersetzung mit Krieg, Bürokratie und dem moralischen Wahnsinn militärischer Strukturen. Das Aufeinandertreffen von Schwejk’s sarkastischem Fatalismus und Suttner’s leidenschaftlichem Engagement für Frieden erzeugt ein Spannungsverhältnis, welches die Zuseher sowohl zum Lachen bringt als auch zum Nachdenken anregt. Diese Mischung führt zu einem tragikomischen Plädoyer für mehr Menschlichkeit. Während Schwejk zeigt, wie Menschen sich durch den Irrsinn des Systems „hindurchschummeln“, zeigt Suttner’s Einfluss, dass bloßes Überleben nicht reicht - es braucht Veränderung, Mut zur Empathie und klare Absage an Gewalt.

Die beiden Leihgaben der Waidhofner Volksbühne, Christoph Marcik und Sabine Halbwirth, welche sich auch als Regieassistentin einbringt, sind für den kleinen Theaterverein ein Glücksfall. Marcik kann sein Talent und seine Leidenschaft für das Theater zur Gänze „ausspielen“, gelingt es ihm doch durch Stimme, Dialekt und Körpersprache in beinahe zwanzig verschiedene Charaktere zu switchen. Egal ob die herzhaften Lacher oder die berührenden Dialoge, er trifft allemal mit der Schwingung seiner Stimme ins Schwarze. Und auch Sabine Halbwirth überzeugt in ihrer Rolle.

Karl Schaupp am Piano, welcher auch bis auf zwei Lieder die ganze Musik komponiert und arrangiert hat, und Michael Grabner an der Trompete und am Flügelhorn sorgen ebenso wie Lichttechniker Mario Plank für die teils bedrückende Stimmung. Das minimalistische Bühnenbild von Hanno Frangenberg verfehlt ebenfalls seine Wirkung nicht. Künstlerische Freiheit ist das Einbinden der "Telefonbuchpolka" (bitte zum Video nach unten scrollen), welche Franz Eugen Körtner erst 1954 komponiert und Hans Bradtke den deutschen Text dazu verfasst hat. Hasek schrieb seinen Roman 1921 und Suttner ihren bereits 1889! 

Gespielt wird noch am 8., 20., 22., 23. und 28. Mai 2025 um 19:30 h im Keller des Schloss Rothschild in Waidhofen/Ybbs. Karten gibt's telefonisch unter +436764621662 bzw. via E-Mail unter uschi.nocchieri@hotmail.com.

Weitere Infos unter www.uschi-nocchieri.at.

Didi Rath



Published: 07.05.2025 - 22.00